Text. Dr. Elisabeth Krimmel

Die Selbstbildnisse des Rainer Lind von 1990 bis 1994
Jene Augenblicke, in denen der Mensch sich seiner selbst bewußt wird, haben seiten etwas Erhebendes. „Wer bin ich?“, „Woher komme ich?“, „Wo stehe ich?“, „Wohin ziele ich?“, sind Fragen, die Körper und Geist bedrängen. Überzeugende Antworten können weder Kopf, noch Hand sofort begreifen. Es ist wie ein Blickfang in das absolute Nichts.

Schöpferische Menschen überwinden den nihilistischen Standpunkt durch eine Art von zweiter Menschwerdung. Unbezwinglich erscheint ihr Drang, aus sich herauszutreten, nach Bergung zu suchen, sich in der Welt neu zu verankern. Dem künstlerischen Prozeß entspricht der Widerstand des praktischen Daseins.

Zeichen setzen durch Be-zeichnen

Zeichnen im Sinne von zeichenhaftem Festhalten von Formen und Gestalten in Linie und Fläche ist eine sehr ursprüngliche Betätigung des Menschen. Sie ist für ihn von lebensnotwendiger Bedeutung. Ein Blick zurück in die frühe Geschichte der Menschheits-Kultur erweist das ebenso wie die Betrachtung menschlicher Entwicklung im Kindesalter. Handzeichnungen wie sie unserer heutigen Vorstellung entsprechen, haben ihre Ausprägung im Mittelalter erfahren, Ihre Stilisierung geschah in der Neuzeit. Was damit genau gemeint ist, präzisierte der Maler Max Liebermann um „die Jahrhundertwende: „Man hat oft gesagt, daß die Zeichnung uns in die Werkstatt des Künstlers führe, aber sie fährt uns weiter bis ins Innerste seiner Persönlichkeit.“

Die Offenheit vieler zeichnerischer Formen grenzt dieses Medium deutlich gegen andere ab. Nur einzelne Aspekte einer Form werden wiedergegeben. Wesentliches wird markiert, alles andere entfällt. Das kann bedeuten: die Phantasie des Betrachters kann oder darf die Seh- und Gestalterfahrungen des Zeichners ergänzen. Die bewußte Auswahl der Formen, der unbewußt freigesetzte Bewegungsrhythmus der zeichnenden Hand und ihre Eigengesetzlichkeit verschmelzen zu einer höheren Einheit. Die Suggestionskraft des Ganzen erschließt dem Betrachter der vielgestaltige Anatomie der Zeichnung. Je nachdem, ob sie zart oder heftig, schwungvoll oder zögernd, durchgehend oder unterbrochen, zittrig oder exakt gesetzt, immer übermittelt sie eine Vielzahl von Empfindungen und Signalen. Sie wird wahrgenommen, ohne daß Augen oder Verstand sofort im einzelnen darüber Rechenschaft ablegen.

 

Das Lesen von Zeichnungen ist so schwer wie das Lesen von handgeschriebenen Briefen. Wie jeder weiß, erst das wiederholte Lesen läßt nicht nur den Inhalt eines Briefes, sondern auch die Person des Briefeschreibers näher kommen und verstehen. Ähnlich erging es mir bei der Betrachtung der Zeichnungen von Rainer Lind. Einige davon will ich im folgenden Text ausführlicher beschreiben. Die Blätter sind Arbeitsmaterial: große und kleine, kompakte und transparente Papiere. Entstanden sind die Zeichnungen zwischen 1990 und 1994. Und, wie um allen Einwänden und Interpretationen vorzubeugen, hat Rainer Lind diese Sequenz als „Selbst-Bildnisse“ bezeichnet. Das ist eine Perspektive, die jedes Material, jedes Format, jede Form mit einschließt. Alle Bild- und Formgedanken also, alle Erinnerungen und Entwürfe, alle Ideen und motorischen Skizzen weisen auf die Selbsterkenntnis, auf die Selbsterfahrung des Künstlers. Sie sind einmalige, unwiderrufliche Bekenntnisse zu sich selbst. Sie sind Aufzeichnungen wahrer Geschichten, eine Art Biographie.

Wer und wo bin ich denn?
1990 beschäftigt sich Rainer Lind mehrfach und intensiv mit einem uralten Thema der Menschheitsgeschichte: ein Hirt kümmert sich um seine Herde. Drei Blätter dieser Serie passen inhaltlich wie ein Triptychon zusammen (1-3). Ein genauer Titel ist nicht angegeben. Jedoch wird jeder Mensch auf den ersten Blick erkennen, worum es sich handelt: ein Hirt hat sich mit drei Schafen an die Feuerstelle in einer Höhle zurückgezogen; der Mond erhellt mit seinem Schein das Krippenbild im Berginnern; im schweren Dunkel bescheint der Mond den Weg des Hirten und der Herde in die Stadt.

Alltägliche Begebenheiten ruft der Maler in Erinnerung. Und doch bezeichnet er von vielen ähnlichen Wirklichkeiten eine einzige besonders. Dreimal stellt er uns das Bild von Tier und Mensch bei Nacht vor Augen, Wuchtig sind die Gesteinsbrocken zu einem Felsmassiv gefügt. Aber die monumentalen Puzzles lassen Hohlräume zu. In ihnen finden Hirt und Herde bergende Zuflucht, Dazwischen ist Platz für ein rauchendes Feuer. Der kalte Schein des Mondes durchdringt das schwärzeste Schwarz. Ockerige Erdfarben lassen sich von fettem Urschlamm unterscheiden. Buschiges Geäst verwirrt sich aus vergilbtem Gemäuer. Eine Stadt wird sichtbar mit gespenstisch aufflackernden Fassaden. Ein Turm signalisiert historische Bedeutung.

Von der Erscheinung des rauchenden Feuers bleibt die Erinnerung einer Spirale. Das graphische Symbol ist dem Kreis verwandt. Kreisend treibt eine Ringwelle die nächste voran. Rasch und flüchtig lösen sie sich in Wirklichkeit auf. Rainer Lind verfolgt die Spirale von der Wurzel bis zur Himmelfahrt. Dynamisch ballt sie sich zusammen, entwickelt sich und bildet im toten Stein ein Symbol des Lebens. Gegen die Vergänglichkeit der Spirale setzt der Zeichner das Bild des unvergänglich Dauerhaften: Stein, Fels, Berg, Gebirge. Den steinernen Kosmos identifiziert er nach Farbe und Struktur. Schattenreiche Farben überwiegen. Tachistische Formen beherrschen die grafische Spontaneität. Der Mond, auch Zeichen romantischer Befangenheit, ist jener Himmelskörper, der Licht passiv empfängt. Das Werden und Vergehen seiner Gestalt ist ein eindringliches Sinnbild jeglicher „Stirb- und Werde“- Gedanken. Warum also sollte Rainer Lind nicht nach Schutzbildern suchen? In ihnen findet er vielleicht Antworten auf die Rätsel des Welt- und Menschseins, auf die Angst vor den tödlichen Gefahren des Lebens.

Olevano de Borghese, Italien
Rainer Lind reiste nach Olevano, im Frühjahr 1990, als Stipendiat des Landes Hessen. Bar jeglicher Vertrautheit und verunsichert – auch in der sozialen Situation des Künstlers – entstehen Zeichnungen, die sich weniger mit der Umgebung auseinandersetzen, als vielmehr und umso mehr in der eigenen Person nachtragen. Es sind kleine Formate. Im Gegensatz zu den anderen Arbeiten sind sie mit kürzeren oder längeren, handgeschriebenen Texten versehen. Fern von seinem Atelier versucht Lind, Distanzschichten zu durchdringen. Er holt gedankliche Tiefen herauf. Er beschwert Bilder durch Worte. Die Lesbarkeit der „Selbstbildnisse“ wird dadurch nicht unbedingt erleichtert. Der optische Eindruck des Fremdartigen, Ferngerückten, gedanklich Verklausulierten herrscht vor. Der Betrachter tastet die Bilder vorsichtig ab. Er nähert sich ihnen als ein Suchender. Eigentümlich ist die poetische Begleitung der Zeichnung auf allen vier Blättern (4 bis 7). Rainer Lind wird zum Dolmetscher seiner eigenen Chiffren, Urtümlich, aber auch beschwörend klingen die Worte. Monumental umkreisen wenige, zarte Linien Gegenständliches. Die Kombination von sprachlicher Gewalt und feinartiger Zeichentechnik verdichtet das Enigmatische der Serie, entschlüsselt die Phantasiebilder nicht.

„Die Männer sitzen in den Pfützen der Erosion und trinken ihren Wein“ schreibt Rainer Lind im oberen Teil von Blatt 4. Darunter ungefähr in der Mitte des Papiers, ist eine Scheibe zu sehen. Sie ist mit Perlleim gezeichnet, einem Material, das in seinen Trocknungs-Prozeß alles mit einbezieht, was rundherum ist. Dadurch entsteht der überraschende Effekt, daß die Scheibe sonnenfarben scheint und strahlend die weiße Ebene des Papiers verformt. Es entstehen Strahlenbündel. Sie durchdringen Höhen und Tiefen des Papiers. Nutznießer im Helldunkel ist ein Lamm. Sanft ist sein Augenblick. Zärtlich wirkt der geöffnete, blökende Mund. Schutz gibt die reliefhafte Spannung einer Mauer. Mit der reinen Umrißzeichnung gibt Rainer Lind sich hier nicht zufrieden. Er reizt das feine Papier durch starkes Einnässen heraus. Die Reaktion ist der plastische Widerstand.

In der Zeichnung „Kleines Ich“ (5) scheint sich die schöpferische Aggressivität beruhigt zu haben. Mit Kohle ist das Weiß des Grundes verdunkelt. Hart konturiert Lind mit Bleistift eine Tür in die Dämmerung. Im Eingang der Höhle steht ein Mensch, mit langen Armen und übergroßen Händen. In den oberen Torbogen ist ein Kreuz geritzt. Darunter erscheint die rote Kontur eines Lammprofiles. Der Zeichner hat sich in sein innerstes Reservat zurückgezogen. Hier will und kann er den traditionellen Kompromiß mit der Italien-Sehnsucht deutscher Künstler nicht schließen. Er bleibt allein mit der Erregung seiner Seele. Im Augenblick äußerster Konzentration klammert er sich an den Sprung ins Dunkel und harrt in ihm aus.

Einem Vexierbild gleicht die dritte, in Italien entstandene Zeichnung (6). Vor anthrazitgrauem Grund ist ein hellfarbener Stein zu erkennen. Über ihm ein Tierkopf. Rote Farbspuren assoziieren die Legende eines Schlachtopfers. Unter das Bild hat Rainer Lind geschrieben: „Das Wasser fließt in einer größeren Zeit“. Die ineinander verriegelten Bildsymbole halten sich wie eine Fata-Morgana über den Textzeilen. Sie erzählen vom Wasser und von der Zeit.

Inhaltliche Mitte der Komposition ist das nahe Beieinander von Tierkopf und Opferstein. Gerahmt und gefaßt sind sie durch die kreisende Linie eines Fels-Durchblicks. Der Handlungsablauf ist von der philosophischen Kurz-Betrachtung wie untermauert.
Von innen nach außen erschließt sich auch die nächste Zeichnung (7). Der Zeichner projiziert ein Innenbild aufs Papier. Dazu gebraucht er das uralte Bild vom Höhlengleichnis: im Innern eines Berges sitzt ein Mensch und beobachtet wie allerhand Figuren vor dem Eingang der Höhle vorüberziehen. Aus dem Dunkeln betrachtet, zieht das Leben wie ein Film vorüber. Rainer Lind entwirft das Bild eines Mannes. In der einen Hand hält er ein Boot, in der anderen einen Tierschädel. Ineinander verkettete Spiralen verbinden die Köpfe von Mensch und Tier. Mit in das Bild einbezogen ist folgender, in roter Tinte geschriebener Text: „Da aber seine Gestalt vernichtet, war seine Stimme gelähmt. Er schlich weiter, unbemerkt, unbeanstandet, schwankte hinab unter die Füße der Menschen zum ganz Kleinen, dehnte sich zum Riesen. Er sah die Dinge zerfallen, sich verklumpen, versanden, verrosten, verriegeln. Die Wasser trugen die Berge ins Meer“. (H. H. Jahnn)

Von einer großen Zerstörung wird hier erzählt, von der Flucht eines unbekannten Wesens und von seiner Verwandlung. Jedoch ergänzt oder interpretiert der Text nicht unbedingt das Bild. Dennoch sind beide, Text und Bild, von einer stark ornamentierenden Linie eingefaßt. Sie gehören also unabdingbar zusammen. Die menschliche Figur ist nicht isoliert. Formal und geistig sucht sie Beziehung. Das Schiff läßt der Hirte los. Den Totenschädel preßt er an sich. Die sich immer wieder erneuernde Spirale deutet in die Dynamik des Lebensprozesses. Mit diesen Bild-Symbolen will Rainer Lind die Bildlegende weder illustrieren, noch kommentieren. Er entwickelt die Geschichte weiter durch Bilder, mit Bildern, die für das Geheimnisvolle offen sind. Erstaunlich bleibt die lapidare Einfachheit der Komposition. Überraschend ist der magische Ausdruck dieses rätselhaften „Selbstbildnisses“.

Rainer Lind macht sich nichts vor, vor allem dann nicht, wenn er in sein Spiegelbild schaut: „Doch“ nennt er Blatt (8) und greift ein Erlebnis auf, das seinen Widerspruch herausfordert. Zu sehen ist auf der Zeichnung eine engelgleiche Figur mit roten Flügeln. „Das Wasser fließt in einer größeren Zeit“ ist ihr übers Haupt geschrieben. Ein kleines Kreuz markiert die Himmelsrichtungen, blutrot ist die, Sonne und scheint auf die Weltachsen. Jede ist durch einen Punkt markiert und das Wörtlein „Doch“. Das viermalige „Doch“ scheint archetypische Qualitäten zu haben. Es verdoppelt die normale zweifache Bestätigung. Die Vier ordnet das amorphe kosmische Innenbild in die sichtbare Gesetzmäßigkeit des viereckigen Papierstückes. Das vielfache „Doch“ steht für das kontroverse Leben auf der Erde und bezieht sich gleichermaßen auf das Fadenkreuz des menschlichen Verstandes. Der himmelfahrende Engel wird in seiner Dynamik von einfachen Rechenexempeln ebenso gebremst wie auf die Erde heruntergezogen durch einen monumentalen Keil zu seinen Füßen, der auch ein ruhendes Tier sein kann.

Am linken Bildrand steht geschrieben: „Liebe Frau Krimmel, ich denke noch nicht ans Aussterben!. Die Aufrichtigkeit, mit der diese Aussage vermittelt wird, entspricht der unbekümmerten Offenheit im Umgang mit Heiligenfiguren, uralten Symbolen und mythischen Stoffen. Der ganze Kosmos ist ein einziges potentielles Symbol. Das weiß auch Rainer Lind. Wie aber soll er sich dieser phänomenalen Wahrheit anders nähern, denn als staunender und erstaunter Mensch?

Auf der Suche nach seinem Ich, entdeckte Rainer Lind sich nie als „großen Menschen“. Ähnlich dem Wachstum der Pflanze, verharrt ein Teil seines Selbst in seinem Innern. Die „Selbstbildnisse“ deuten an, daß ein Teil seines Wesens im Verborgenen ruht. Der andere Teil identifiziert sich mit den abenteuerlichen Ereignissen in der Welt. Aber die innerseelische Wirklichkeit des Rainer Lind, hat eine geheime Zielstrebigkeit.

Bekenntnis zum Material
Verschieden starke, unterschiedliche große Papiere, speckige Perlleime, rohes Leinöl, rohes Eisenoxyd, reines Kadmiumrot, Blei- und Filzstifte sind die Zeichenmaterialien, mit den Rainer Lind seine Bildvorstellungen in die Fläche setzt. Daran hat auch der Aufenthalt in denen Albanerbergen nichts geändert. Ja, vielleicht hat sogar die winterliche Kargheit in und um Olevano herum ihn bestärkt, mit diesen Farben und Gründen weiter zu operieren. Oft genug gleicht der zeichnende Prozeß einer Operation. Den Perlleim beispielsweise setzt Lind nicht nur zur Grundierung ein. Er benutzt die zähe und langsam trocknende Masse wie zum Zeichnen. Der Leim saugt sich ins Papier und verändert die glatte Fläche. Er schafft, trocknend, mehr oder weniger fein reliefierte Gründe. Sie täuschen Tiefe nicht vor. Sie sind tiefenhaft, plastisch, räumlich. Farbmaterialien bindet Lind mit Leinöl. Es braucht eine Zeit zum Trocknen, macht die Farbe auf dem Papiergrund haftbar und hat zudem einen glasigen ,Schein. Lind läßt Farben nicht direkt wirken, sondern verändert sie. Gleichsam bringt er ihre Suggestionskraft auf Distanz.

Farbig sind die „Selbst-Bildnisse“ eher auf HellDunkel-Kontraste, gleichsam rembrandtisch angelegt. In solch starker Licht-Schatten-Wirkung kommt bestimmten Farbakzenten magische Kraft zu.

Da Rainer Lind in den Zeichnungen plastische Volumen real mit einbezieht, verzichtet er auf das Herausmodellieren von Tiefe durch schraffierendes Zeichnen. Schraffuren zeichnet er jedoch dort, wo in einem dunklen Raum Unruhe, Bewegung angedeutet werden soll. Man hat den Eindruck, während Rainer Lind am Arbeiten ist, nutzt er die Zeichenmaterialien nicht aus, um einen bestimmten Effekt zu erzielen. Vielmehr läßt er Papiere, Öle und Farben wirken. Im Verlauf dieses Prozesses kann es dann geschehen, daß die Materialien einen bildnerischen Weg einschlagen, der nicht exakt zu berechnen ist, aber auch nicht nur abläuft. Lind läßt dem Material die Freiheit, sich zu Ende zu leben. Seine Geduld mit ihm gehört notwendig zum zeichnenden Prozeß. Lind überstürzt nichts. Er läßt sich und den Dingen Zeit. Nicht die Dinge also sind für ihn schwierig zu machen. Die Schwierigkeit liegt vielmehr darin, sich selbst unter die Bedingungen zu bringen, unter denen er sie machen kann. Mit Bedingungen ist nicht nur die Arbeitsstimmung gemeint, also nicht das bloße Aufgelegtsein zum Zeichnen, sondern eine grundsätzliche Rechtfertigung seines gesamten künstlerischen Tuns. Darüber nachzudenken ist immer dann schwierig, wenn die Kunst in Methode und Zielsetzung von der Konvention abweicht.
Genauso wie Rainer Lind sich mit bestimmten Werkstoffen identifiziert, provoziert er den Zufall ihres Zusammenwirkens. Dabei wechselt der Respekt vor dem Material mit einer Tendenz, ihm Wirkung abzuzwingen, die ihm von Grund aus eigen sind. Er verdeckt nicht die Materialgerechtigkeit, sondern läßt sie sprechen.

Rainer Lind ist kein Systemdenker. Jedoch verfügt er über die Gabe, intuitiv von einem typischen Detail her das Ganze zu erfassen. Franz Marc nannte das „das somnabule Sehen des Typischen“. So sind die „Selbstbildnisse“, die er ja vor dem „Motiv“ zeichnend malt, undenkbar ohne die Fähigkeit, aus einer Ansammlung von biographischem Vielerlei typische Eigen-Elemente herauszukernen. Viele dieser persönlichen Merkmale verblüffen erst nach längerer Betrachtung. Erst wenn er seine Bildnis-Erwartung überwunden hat, enthüllen sich die Porträts von Rainer Lind. Sie haben nämlich mehr als charakteristische Oberflächen-Ähnlichkeit. Sie erzählen vom Innenleben einer Biographie.

Text von Elisabeth Krimmel

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