Prof. Dr. Sebastian Omlor ist Gründungsdirektor des Marburger Instituts für das Recht der Digitalisierung (www.irdi.institute) und erforscht im Schwerpunkt das Privat-, Wirtschafts- und Bankrecht der digitalen Transformation. Technologisch stehen insbesondere die Blockchain-Technologie und Künstliche Intelligenz im Fokus. Er leitet u.a. das Forschungsprojekt des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) „Blockchain und Recht“ und die Projektgruppe „Tokenisierung und Finanzmarkt (ToFi)“ des hessischen Zentrums verantwortungsbewusste Digitalisierung (www.zevedi.de). In diesem Zusammenhang war er mehrfach als Sachverständiger für verschiedene Ausschüsses des Deutschen Bundestags tätig.
Ich hatte also zwei Ansatzpunkte: das Zahlungsdiensterecht – im Prinzip den Transport des Geldes – und das Geldrecht. Zu Letzterem habe ich intensiv geforscht, da es das Thema meiner Habilitationsschrift war. Diese Habilitationsphase entspricht der Postdoc-Zeit, also der Zeit nach der Doktorarbeit. Das Geldrecht hatte ich bewusst ausgewählt, weil ich ein überzeitliches Thema wollte.
Für meine Doktorarbeit hatte ich damals ein sehr aktuelles Thema gewählt und daher Zeitdruck, die Arbeit innerhalb eines bestimmten Rahmens fertigzustellen. Für die Habilitation wollte ich jedoch ein Thema, das nicht so tagesaktuell ist.
So kam ich auf die Idee, das Geldrecht zu untersuchen und Geld aus rechtlicher Sicht zu beleuchten: Was ist Geld rechtlich gesehen? Welche Funktionen hat es? Wie kann man es rechtlich einordnen?
Ich dachte, damit hätte ich keinen großen Druck, da das Thema nicht hochaktuell war. So konnte ich flexibel auf den Verlauf meiner Forschung reagieren. Doch dann kamen Krypto und Bitcoin, und plötzlich war Geld in aller Munde – in Form dieser neuen Art von möglicherweise „Geld“. Mein ursprünglich überzeitliches Thema wurde mitten in das aktuelle wirtschaftliche, finanzielle, politische und rechtliche Geschehen katapultiert.
So bin ich vom Zahlungsverkehr über das Geld zum Thema Krypto gekommen, insbesondere zu Kryptowährungen und Bitcoin. Und über Kryptowährungen und Bitcoin bin ich schließlich zur Blockchain-Technologie gelangt. Daran sieht man, dass dieser Weg nicht vorhersehbar war und keine vorab geplante Struktur hatte – was in der Forschung und Wissenschaft ja auch nicht sein sollte.
Wenn man das Ergebnis schon kennt, braucht man nicht mehr zu forschen. Wissenschaft bedeutet offenes Suchen nach neuer Erkenntnis mit bestimmten Methoden. Daher war auch mein Themenfindungsprozess stets in Entwicklung und nicht komplett vorausgeplant. So bin ich – nicht wie die Jungfrau zum Kinde, aber doch ungeplant – zur Blockchain gekommen und dabei geblieben.“
Es gibt allerdings auch andere Verfahren. Eines der Hauptkonkurrenten ist das „Proof-of-Stake“-Modell. Dabei geht es nicht um das energieintensive, und daher nicht besonders klimafreundliche, Lösen von an sich sinnlosen Aufgaben. Stattdessen wird vereinfacht gesagt berechnet, wer wie viel „Stake“ – also einen Anteil – in das Netzwerk investiert hat. Zum Beispiel: Wer besitzt bereits wie viel und hat daher relativ viel zu verlieren? Wer hat ein starkes Interesse daran, dass das System funktioniert? Diese Person darf dann, nach einem bestimmten Algorithmus berechnet, den nächsten Eintrag vornehmen.
In diesen dezentralen Netzwerken besteht die generelle Herausforderung darin, zu klären, wer welche Befugnisse hat. Da die Netzwerke dezentral organisiert sind und zunächst einmal alle Teilnehmer gleichberechtigt sind, muss ein Mechanismus zur Konsensfindung geschaffen werden. In zentralen Netzwerken ist das nicht nötig, da beispielsweise die Bank technisch die Kontrolle hat und alleinigen Zugriff auf den Server besitzt. In einem dezentralen Netzwerk ist das jedoch komplizierter, weshalb man Mechanismen wie das Proof-of-Work- oder das Proof-of-Stake-Verfahren benötigt, um den notwendigen Konsens zu erzielen.“
Inzwischen sind das zu großen Teilen professionalisierte Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben, große Anlagen zu betreiben und Skaleneffekte zu nutzen. Es lohnt sich nicht, einfach einen kleinen Rechner hinzustellen. Stattdessen muss man Rechenleistung bündeln und im großen Stil schürfen. Es gibt also große Player auf dem Markt, die einen erheblichen Teil der Rechenleistung im Bitcoin-Netzwerk auf sich vereinen. Natürlich spielen auch viele kleinere Teilnehmer mit, aber diese sind meist in sogenannten Mining-Pools zusammengeschlossen und schürfen gemeinsam, da ein einzelner kleiner Rechner alleine nicht effektiv genug wäre.
Eine kleine Anekdote: Zu Beginn meiner Beschäftigung mit Bitcoin haben zwei meiner Mitarbeiter – eine Doktorandin und ein weiterer Mitarbeiter – gemeinsam eine Node aufgestellt. Wir wollten das System erforschen und mussten verstehen, wie es funktioniert.
Zumal das für Juristen ja noch ein bisschen schwieriger zugänglich ist. Also dachten wir uns: Wie läuft das Mining denn eigentlich ab? Wir haben einen Rechner aufgestellt, die Software installiert, das Internet angeschlossen um einen Mining-Pool zu betreiben. Wir haben sogar ein paar Bitcoins geschürft …
Das Problem war nur: Freitags lief alles noch einwandfrei. Doch als wir montags wiederkamen, war das Mining übers Wochenende abgestürzt – und die Bitcoins waren weg.“