Seraphine H.

S. brach die Schule nach der 12. Jahrgangsstufe ab. Seit ihrem 12. Lebensjahr besteht eine ADHS-Diagnose.
Derzeit absolviert sie ein Praktikum in einem Naturkindergarten. Die Tätigkeit dort empfindet sie als interessant, jedoch auch körperlich fordernd. Mit den Anforderungen kommt sie insgesamt gut zurecht. Besonders gefällt ihr der Umgang mit den Tieren, insbesondere mit den Hühnern. Eine langfristige berufliche Tätigkeit in diesem Bereich kann sie sich derzeit jedoch nicht vorstellen, da die Arbeit physisch sehr anspruchsvoll ist.

Ich habe die Schule in der zwölften Jahrgangsstufe abgebrochen – zum einen, weil ich wahrscheinlich weder Arzt noch Jurist werden möchte, und zum anderen, weil es für mich einfach nicht mehr funktioniert hat. Es war psychisch sehr belastend, jeden Tag diese Gebäude zu sehen und auch ständig mit denselben Menschen konfrontiert zu sein. Die Atmosphäre dort, die Themen, die Stimmung – all das hat mich in vielen Facetten meiner Persönlichkeit eingeschränkt.

Ein wesentlicher Grund dafür war das Gefühl, dass nicht unbedingt die Inhalte das Problem waren, sondern vielmehr die Art und Weise, wie diese vermittelt wurden. Es wurde vorausgesetzt, dass alle auf dieselbe Weise lernen – frontal, ohne Differenzierung. Das habe ich als realitätsfern und belastend empfunden.
Dinge, die mir Mut gemacht haben, waren zum Beispiel musische Aktivitäten. Ich habe viel mit meinem Vater gemalt – wir haben gemeinsam Bilder gestaltet. Auch das Singen hat eine wichtige Rolle gespielt. Ich erinnere mich daran, wie ich mit meiner Mutter und meinem Bruder in der Küche war und für sie gesungen habe. Für meinen Gesang und generell für meine kreative Ausdrucksweise habe ich immer Zuspruch bekommen.

Das war „mein Ding“, darin habe ich mich wiedergefunden. Auch für mein Malen und meine Kreativität insgesamt bekam ich Anerkennung – sowohl von meiner Familie als auch von Lehrkräften. Ich wurde oft als kreativ beschrieben. Dieser Bereich war meiner, dort habe ich mich sicher gefühlt.


Bei vielen Menschen mit ADHS kann es nach der Diagnose zu suchtähnlichen Verhaltensweisen kommen. Dabei handelt es sich nicht zwangsläufig um klassische Substanzabhängigkeit – es ist nicht so, dass der Konsum eines Bieres sofort zu einer Alkoholproblematik führt. Vielmehr spielt die besondere Dopaminempfindlichkeit eine Rolle, die bei ADHS häufig auftritt.
Die eigentliche Sucht zeigt sich jedoch oft in anderer Form. Einige Betroffene berichten, dass sich – ausgelöst durch belastende Erfahrungen oder Traumata – eine starke Abhängigkeit nach äußerer Bestätigung entwickelt. Der Wunsch, zu hören „Das hast du gut gemacht“, wird zu einem zentralen Bedürfnis. Diese Form der emotionalen Abhängigkeit ist real und kann als problematisch erlebt werden.
Im Hinblick auf Substanzkonsum zeigen manche Betroffene ein experimentelles oder phasenweises Verhalten, das jedoch nicht unbedingt in ein süchtiges Muster mündet. Beispielsweise wird gelegentlich über Tabakkonsum berichtet, der in bestimmten Zeiträumen regelmäßig erfolgt, dann aber auch wieder vollständig eingestellt wird. In solchen Fällen besteht nicht zwangsläufig eine Abhängigkeit im klassischen Sinne.
Medikamente wie Medikinet oder Ritalin, die häufig zur Behandlung von ADHS verschrieben werden, können ebenfalls starke Wirkungen entfalten. Einige Betroffene berichten, dass sie sich unter Einfluss dieser Medikamente funktional, aber innerlich leer fühlen – fast wie Roboter. Es fällt schwer, zur Ruhe zu kommen oder „nichts zu tun“, was zu einem belastenden inneren Zustand führen kann.
In solchen Fällen entscheiden sich manche dazu, die Medikation wieder abzusetzen – nicht, weil sie grundsätzlich gegen Behandlung sind, sondern weil die Nebenwirkungen als zu schwerwiegend empfunden werden.
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