1991 musste Emmanuel aus Ghana fliehen. In seinem Heimatland herrschte damals eine Militärregierung. Ihm drohte eine längere Haftstrafe aus politischen Gründen. Über Togo gelangte er nach Deutschland. Frankfurt und Limburg waren seine ersten Stationen. In Hoyerswerda wartete er auf die Anerkennung seines Asylantrags.
Ab dem 17. September 1991 kam es in Hoyerswerda zu schweren rassistischen Ausschreitungen, an denen sich Hunderte Menschen beteiligten. Am späten Nachmittag dieses Tages attackierte eine Gruppe rechtsextremer Jugendlicher auf dem Lausitzer Platz in Hoyerswerda-Neustadt vietnamesische Zigarettenhändler. Die Vietnamesen flüchteten in die Albert-Schweitzer-Straße, wo sich die Wohnunterkunft für die verbliebenen Vertragsarbeiter aus Mosambik und Vietnam befand. Dort sammelte sich eine Gruppe von Rechtsextremen, die das Haus mit Steinen bewarfen.
Die Polizei griff zunächst nur zögerlich ein. Erst gegen 19:30 Uhr traf ein Einsatzkommando ein, dem es bis 21 Uhr gelang, die Lage vorübergehend unter Kontrolle zu bringen.
Unter den Hausbewohnern war auch E. A. Seine weiteren Stationen waren anschließend Berlin und Frankfurt. Heute lebt er mit seiner Frau und 3 Kindern in einer hessischen Kleinstadt. Wenn seine Kinder ihr Studium bendet haben will er nach Ghana zurückkehren. In diesem Video- und Audio-Interview erzählt er seine Geschichte.
EMMANUEL: „An diesen Tagen haben wir Informationen bekommen, ich glaube, das war am Donnerstagabend. Die Skinheads hatten etwas vor. In Hoyerswerda lebten damals Vertragsarbeiter aus Mosambik und Vietnam. Die Arbeiter aus Mosambik sollten nach Hause zurückkehren, weil ihre Verträge ausgelaufen waren – einen Tag vorher hatten sie darüber Bescheid bekommen.
Wir hatten gehört, dass es dort schon Angriffe gegeben hatte, auf Schwarze, also auf die Mosambikaner. Wir bekamen dann die Information, dass die Skinheads auch zu uns kommen wollten – in die Moselstraße, wo die Flüchtlinge aus Ghana, Nigeria und anderen Ländern wohnten.
Die Heimleitung hat uns gesagt, wir sollen am besten im dritten Stock rausgehen, weil es draußen gefährlich sei und noch gefährlicher werden wird. Auch es sei besser, im Haus zu bleiben, denn könnten jeden Moment kommen.
Am Abend war es dann so weit. Hinter unserem Haus in Hoyerswerda gab es einen großen Spielplatz. Dort spielten wir abends Fußball, Hinter dem Spielplatz war ein Wald. In diesem Wald hatten sich die Skinheads schon vorher versteckt und warteten dort, bis es dunkel wurde – ungefähr bis zehn Uhr abends.
Dann kamen sie zu unserem Haus. Sie schossen Raketen und warfen Steine hinein. Einige Steine flogen bis in den vierten Stock, alles war voller Metall und Glasscherben.
Sie haben alles kaputt gemacht. Die Heimleiter sagten, wir sollen alle in die oberste Etage gehen und dort zusammenbleiben. Niemand sollte nach unten gehen.
So blieben wir dort – drei Tage lang. Sie schossen mit Raketen, alles war laut und voller Rauch.“
Das vollständige Gespräch mit Emmanuel als Audio / 45 Minuten
