Emil Mangelsdorff

Emil Mangelsdorff, 1925 geboren, war als Jazzmusiker eine Legende, die im Nachkriegsdeutschland die Jazzmusik als Komponist und Saxofonist mitgeprägt hat. Sein Mitwirken in der Swing-Jugend dagegen, der oppositionellen Jugendkultur gegen die Naziherrschaft, ist bis heute weniger bekannt. Hier, in dem Video aus dem Jahre 2014, redet er ausführlich über diese Zeit.

Emil Mangelsdorff, 2024
Emil, Monique, 2014

EMIL: „1942 / 1943. Damals gab es nur Straßenbahnen. Die Autos waren beschlagnahmt, abgesehen von ein paar wenigen Taxis. Ansonsten gab es keinen Verkehr, nur Fahrräder und Fußgänger. Es war also fast nichts los auf den Straßen. In diesen Straßenbahnen, wo die Leute unterwegs waren, haben wir unsere Aktionen immer abends nach Einbruch der Dunkelheit durchgeführt. Das war im Winter 1942/43, und es wurde schon um fünf Uhr dunkel.

Die Straßenbahnen waren mit schwarzer Farbe verdunkelt, und wenn man eine der Birnen herausdrehte, war der ganze Wagen dunkel. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Also drehten wir eine Birne heraus, und die Schaffnerinnen konnten nicht einmal mehr die Fahrkarten kontrollieren.

Wir haben dann herausgefunden, dass sich auf der linken Seite der Straßenbahn immer so ein Riemen befindet, mit dem man an der Endstation den Stromabnehmer, der den Strom von der Oberleitung bezieht, umlegen konnte. So wurde der Bügel mit dem Lederriemen festgebunden, und die Straßenbahn konnte nicht mehr losfahren.

In einem Fall haben wir einen Stau verursacht, der sich vom Hauptbahnhof bis zur Hauptwache erstreckte – schätzungsweise etwa zwei Kilometer, und eine Straßenbahn stand hinter der anderen.

Wir hatten dabei den Hintergedanken, dass die Männer und Frauen, die zur Rüstungsindustrie mussten, entweder verspätet oder gar nicht zur Arbeit kamen, oder erst viel später nach Hause. So haben wir versucht, den öffentlichen Verkehr zu stören. Hätten uns die Nazis erwischt, wäre das sehr gefährlich gewesen. Wir waren immer zu dritt, manchmal zu viert, und trugen immer Turnschuhe. Durch die Verdunkelung konnte man ohnehin kaum etwas sehen.

Wir wussten, dass wir großes Risiko eingingen. Hätten uns die Nazis erwischt, wäre das für uns das Ende gewesen. Vielleicht hätten wir als Jugendliche noch überlebt, aber es hätte schwerwiegende Konsequenzen gehabt.“

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