Einladung / Videoportrait + Gespräch über / mit Rainer Gerstenberg dem letzten Schriftgießer der Welt // 26. April 2025 / 18.00 Uhr //Atelierhaus Darmstadt, Riedeselstraße 15

Verborgene Lettern, lebendiges Erbe:

In der Kirschenallee in Darmstadt schlummert ein fast vergessenes Weltkulturerbe. Hinter den Mauern des geschlossenen Hauses der Industriekultur fertigt Rainer Gerstenberg Lettern aus Blei – als letzter seiner Zunft weltweit. Seine Werkstatt ist ein lebendes Museum, ein Ort, an dem die Gutenberg’sche Buchdruckkunst greifbar bleibt.

Doch was wird aus diesem Schatz? Zwischen dem Hessischen Landesmuseum, dem Land Hessen und privaten Investoren wird verhandelt – über die Zukunft eines Gebäudes und eines unwiederbringlichen kulturellen Lebenswerks.
Klar ist: Für die kommenden Jahre warten bereits mehrere Auszubildende auf die Chance, bei Rainer Gerstenberg in die Lehre zu gehen – verbunden mit der Hoffnung auf eine Fortführung des Werkstattbetriebs und der Pflege dieses lebendigen Geschichtserbes im Rahmen eines nachhaltigen Trägerverbunds.

Rainer Gerstenberg ist seit 1961 im Beruf des Schriftgießers tätig legte 1964 seine Gesellenprüfung ab. Seit über 61 Jahren widmet er sich diesem Handwerk – bis zum heutigen Tag.

Zu Beginn der Veranstaltung wird ein Videoportrait (ca 15 Min.) aus dem Jahre 2019 zu sehen sein. Anschließend findet ein Gepräch mit Rainer Gerstenberg statt.


Rainer Gerstenberg / Schriftgießer

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2019 besuchten Lemmi Karnop  und Rainer Lind den letzten aktiven Schriftgießer der Welt im Haus der Industriekultur in Darmstadt. Sie führten ein Interview mit ihm und filmten seinen Arbeitsplatz sowie einige Utensilien aus seinem umfangreichen Sortiment an Werkzeugen und Materialien.

Im Zentrum steht die Gießmaschine, mit der Bleilettern in verschiedensten Größen entstehen – von filigranen Buchstaben bis zu schweren Zierschriften. Gegossen wird aus einer Legierung aus Blei, Antimon und Zinn.

Unverzichtbar sind Matrizen: kleine Metallplättchen mit dem Negativ der jeweiligen Zeichen, sortiert in speziellen Schranksystemen. Zur Nachbearbeitung dienen Typenzangen, Feilen, Schleifsteine und Messlehren. Die Andruckpresse ermöglicht eine erste Qualitätskontrolle.

Zum Arbeitsumfeld gehören zudem Schriftsätze, Setzkästen, Musterbücher und persönliche Schutzausrüstung. Der gesamte Arbeitsplatz zeugt von einem Handwerk, das Präzision, Geduld und jahrzehntelange Erfahrung erfordert.

„Ich habe einen Beruf gewählt – Schriftgießer –, und inzwischen ist es für mich eine Berufung. Wenn ich diese Dankschreiben aus Amerika oder von anderswo bekomme, wenn ich höre: ‚Halten Sie durch, bleiben Sie gesund – ohne Sie geht es nicht weiter!‘, dann bedeutet das viel.

Schriftgießer war ein Akkordberuf. Die Kollegen arbeiteten meist an zwei Maschinen – sogenannten Doppelgießmaschinen. Auf der einen Seite wurden große Schriften gegossen, oft 300, 400 oder 600 Kilo, auf der anderen Seite kleinere Schriftgrößen produziert. Da ich noch keine 18 Jahre alt war, durfte ich offiziell keinen Akkord arbeiten – aber ich erhielt als Erster in der Firma eine Sondergenehmigung.

 

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