RALF PETERS „WEITERZEICHNEN # 25“ / 13. Dezember 2025, 19:00 Uhr / Video-Arbeiten ab 18:00 Uhr / Atelierhaus Darmstadt / Riedeselstraße 15

Einladung zu Vortrag und Gespräch: Was haben Schrauben, Zwillingswege, die Form eines Gedankens und gekrümmter Raum gemeinsam? Sie alle tauchen in Versuchsanordnungen aus Zeichen, Mustern, Linien, Formen, Wörtern und Zahlen im Zeichenraum von Ralf Peters auf.

Ralf ist in erster Linie Zeichner und zugleich auch Transformator von Zeichen. Mit wechselnden Konzeptionen greift er gefundene Muster, Zeichen und Linienstrukturen aus dem Alltag auf; das kann der verdrehte Handlauf eines gewundenen Treppengeländers sein, eine gekochte Spaghetti, der abgeschnittene Streifen einer Fotografie, die Display-Bewegungen von Steuerungselementen einer Film-Montage-Software oder die Krümmung einer zufällig entstandenen Linie auf einem liegengebliebenen Papier.
ralf-peters.eu

 

Ralf Peters / 2021 / Plusminus / Zeichnung, Malerei auf Papier / 70 x 100 cm

Ralf Peters / 2024 / G14 | Schwarze Grenze / Zeichnung, Malerei auf Papier / 70 x 100 cm

Zeichnerische Systeme, die entstehen können, wenn eine vorgefundene Krümmung sich immer weiter fortsetzt, eine Linie sich immer weiter verlängert oder ein Fleck systematisch wuchert…

Mittels Kurvenlinealen, Schablonen und anderen technischen Zeichengräten bahnt sich die Linie ihren Weg. So entstehen gezeichnete und gemalte Bilder, Filme, Installationen.

Ralf Peters / 2017 / Universum KX / 1-Kanal-Video / 20:27 Min.

Ralf Peters / 2015-16 / Gedanke 169b-02s03 / Video-Still-Print / 21 x 30 cm

Ralf Peters / 2024 / Making-Of G08 / Video-Still

Das Universum 361/2 der Schrauben
AUSSTELLUNG Eine verlassene Werkstatt inspirierte den Künstler Ralf Peters zu seiner Multi-Media-Installation im Kunstpunkt 2016
Interview: Rainer Lind 2016
Betina Bergstedt über „Das Universum 361/2 der Schrauben“
DARMSTADT Die Ausmaße des kleinen quadratischen Ausstellungsraums Kunstpunkt haben fast die gleichen Maße wie die Werkstatt, um die sich die Installation des Darmstädter Künstlers Ralf Peters dreht. „Dreht“ im wahrsten Sinne des Wortes: eine Kamera windet sich die Regale von oben nach unten, leise, schwebend, und nimmt auf, was sich in Regalbrettern und an den Wänden einer noch intakten, aber verwaisten Werkstatt befindet. Die Ausstellung trägt den Titel „Raum 361/2“ und bezeichnet damit die genauen Flurdaten des Ortes.
Werkstätten haben immer eine besondere Aura. Überall erkennt man die Spuren der Vergangenheit, Zeichen der Zeit, auch Hinweise auf den Menschen, der an diesem Ort tätig war, Dinge geschaffen hat. Ralf Peters drehte aber keinen Dokumentarfilm, um diese Spuren frei zu legen. Vielmehr macht er auf einzelne Dinge aufmerksam, entledigt sie ihrer Funktion und enthebt sie der Zeit.
Peters hat mehrere Monitore gehängt. Auf dem größten läuft ein einstündiger Film in Dauerschleife, der in Farbe den langsamen Streifzug der Kamera entlang der zwölfstöckigen Regale zeigt. Das erschließt sich beim Betrachten der laufenden Bilder nicht sofort. Mal sind sie unscharf, mal scharf. Eine verwischte monochrome Farbfläche gibt lediglich Hinweise, Staub und Schmutzreste an weißen Wänden sind zu erahnen, ein orangener Streifen gibt Rätsel auf, ein Kabel, irgend ein Gegenstand. Dann hängen deutlich Spachtel exakt geordnet nebeneinander. Vor dieser Wanderkulisse ziehen Schrauben, Kleingeräte, Werkzeuge mit Patina wie Raumschiffe im luftlehren Raum nacheinander vorbei, drehen sich dabei, auch um die eigene Achse. Sie sind von allen Seiten aus zu sehen, bevor sie aus der Bildfläche gemächlich verschwinden.
Auf drei weiteren Monitoren an der angrenzenden Wand werden die fliegenden Einzelstücke immer weiter reduziert, bis ein durch die Drehungen sich verändernder schwarzer Korpus vor einem weißen Hintergrund übrigbleibt. Das Ding ist auf seine Fläche mit exakten Umrissen radikal verdichtet. Das mutet technisch an, hat etwas mit Berechnung zu tun, die Schraube im Getriebe wird reine Form.
Kleine Bleistiftzeichnungen verstärken diesen „mathematischen“ Eindruck. Auf manchen sind Punkte angeordnet, auf anderen Linien wie Höhenlinien auf Landkarten. Hier werden die Bewegungsstrukturen der Flugobjekte, deren Bahnen jeweils andere Zahlen bestimmen, wieder aufgenommen. Die Berechnung der Welt, längst bis in unbekannte Ebenen hinein – ein Thema, das Ralf Peters fasziniert: Wie Algorithmen als Handlungsanweisung auch zukunftsweisend die Form des Denkens bestimmen. Zwei großformatige farbige Zeichnungen verbinden den Zufall mit Absicht, greift aus einem dichten Krakel-Liniengeflecht Koordinaten oder Farben heraus, um aus ihnen geometrische Muster zu gerieren oder Cluster organisch wuchern zu lassen – Bilder von hohem ästhetischen Wert.
Auf einem der drei kleineren Bildschirme sieht man die Werkstatt in blassen Grautönen aus der Vogelperspektive im Spannungsfeld Ordnung und Unordnung. Der Raum des Kunstpunkt dagegen wirkt hell und klar gegliedert. Hier schließt Ralf Peters jene Überfrachtung aus, die den Tüftler in der Werkstatt inspiriert haben mag. Peters schafft mit Multimedia eine gewisse Distanz und durch Abstraktion von Bedeutungsinhalt eine absichtslose Art Klarheit, die von leisen Maschinengeräuschen, einem Rauschen und Raunen aus der Weite, begleitet wird.
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