Vor seinem Abitur reflektiert Mika über seine sich dem Ende neigende Schulzeit an der BBS und davor. Zwar kommt er keineswegs aus einem bildungsfernen Haushalt, aber dennoch gibt es von Erfahrungen mit Klassismus zu berichten, von Eigenen und Beobachteten.
„Ich denke, es wird von Anfang an sehr viel selektiert und vorbestimmt – was oft unwiederkehrbar ist. Zum Beispiel hatte ich in der Grundschule einen Freund, der sehr gut in Mathe war und mir oft bei den Hausaufgaben geholfen hat. Er hat aber im Gegensatz zu mir eben keine Gymnasialempfehlung bekommen. Damals habe ich nicht wirklich den Unterschied zwischen uns gesehen. Jetzt im Nachhinein wird mir klar, woran es wohl lag; Seine Mutter war alleinerziehend und war keine Muttersprachlerin. Wahrscheinlich sind es dann genau solche Kleinigkeiten, an denen es hängt. Letztendlich ist es wohl genau so gewollt, irgendjemand muss unten stehen und irgendjemand muss oben sein.
Der soziale Aspekt ist denke ich elementar wichtig, um in der Schule zu funktionieren. Man muss lernen, Lehrer zu respektieren, also überhaupt erst Mal zuzuhören und ihnen letztendlich auch alles abzunehmen, was sie sagen. Das mag komisch klingen, aber in der Schule besteht eine ganz starke Hierarchie. In der Oberstufe nicht mehr ganz so, wie in der Mittelstufe oder der Grundschule, weil man eben selbst schon mehr wahrnehmen kann und auch kritikfähig ist. Vorher aber steht einfach diese Lehrkraft dort vorne und was sie sagt, gilt – und das muss man lernen.
Respekt, könnte man sagen. Respekt vor den Übergeordneten, also auch die eigene Unterordnung lernt man, was ironischerweise sehr gut auf das Leben vorbereitet.“
„Leute, die nicht Deutsch als Muttersprache sprechen oder nicht viel Geld haben, die nebenbei arbeiten müssen, für die ist es schlichtweg nicht möglich, so gut in der Schule zu sein, wie eine Person, die aus einem Akademikerhaushalt kommt und nebenher nicht arbeiten muss, die in der Freizeit mehrere Instrumente spielt und Bücher nach Lust und Laune lesen kann, weil damit Zuhause alles voll steht.
Gerade sowas ist natürlich auch für die eigene Entwicklung unglaublich nützlich. Der Zugang aber zu solchen Mitteln ist stark beschränkt und das ist vielen nicht bewusst. Unter Anderem deswegen wird Bildung dann auch oft mit Intelligenz gleichgestellt. Obwohl es die Sozialisierung in den verschiedenen Klassen ist, die den Bildungsweg einer Person maßgeblich vorbestimmt.
Was in der Oberstufe noch nicht genug beleuchtet wird an Inhalten und an vermittelten Werten, ist die Bedeutung von Bildung selbst. Warum man jene Noten schreibt, wer sie schreibt. Das ist auch aus soziologischer Perspektive sehr wichtig, denn nur so kann einem selbst die eigene Situation – und die eigene Unschuld – bewusstwerden.“
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