Marvin H. studierte Theaterwissenschaft

Ich habe das Gefühl, dass ich während meines Studiums viel Wissen erworben habe. Doch wenn es um die praktische Anwendung geht, muss ich nun selbst aktiv werden und versuchen, das Theoretische in die Praxis zu überführen. Denn obwohl es Praxisanteile im Studium gibt, sind sie insgesamt eher gering.

MARVIN: „Was studiert man, wenn man Theater studiert? Ich habe es studiert, und dennoch bin ich mir nicht sicher, ob ich diese Frage wirklich eindeutig beantworten könnte. Natürlich spricht man viel über Aufführungen – über klassische Theaterinszenierungen, Aufführungsanalysen in verschiedenen Ausrichtungen: Was habe ich gesehen? Wie bewerte ich es? Dabei spielen Zeichensysteme eine große Rolle, aber auch kultur- und theatergeschichtliche Aspekte, etwa Shakespeare und das elisabethanische Theater oder die griechische Antike.

Ein abgeschlossenes Studium der Theaterwissenschaft führt nicht direkt zu einem klar definierten Beruf, sondern eröffnet zahlreiche Möglichkeiten. Ein alter Witz besagt: „Du hast Theaterwissenschaft studiert? Dann wirst du wohl Taxifahrer.“ Tatsächlich gibt es jedoch auch praxisorientierte Kurse und Übungen, die auf bestimmte Berufsfelder vorbereiten. Manche Absolvent:innen gehen in die Regieassistenz – so wie ich –, andere spezialisieren sich auf Dramaturgie.

Wiederum einige bleiben an der Universität und promovieren, werden wissenschaftliche Mitarbeiter:innen oder Lehrende. Im Grunde absolviert man ein geisteswissenschaftliches Studium, das zwar am Theater für viele Berufe nicht zwingend vorausgesetzt, aber oft gewünscht wird. Besonders in der Regieassistenz liest man häufig in Stellenausschreibungen: „Erwünscht ist ein abgeschlossenes Studium der Theaterwissenschaft oder eines vergleichbaren geisteswissenschaftlichen Fachs.“
MARVIN: „Ähnlich wie das Theater ist auch der Zirkus zunächst ein weit gefasster und pauschaler Überbegriff. Betrachtet man ihn historisch, landet man zunächst beim traditionellen Zirkus mit seinen klassischen, oft spektakulären Shows. Dazu gehören die typische Nummernrevue, der starke Einsatz von Tieren sowie die Dressurnummern. Geht man noch weiter zurück, kann man auch Freakshows und Sideshows mit einbeziehen.

Die sogenannten Völkerschauen, die zwar nicht direkt zum Zirkus gehörten, aber ebenfalls mit der Zurschaustellung von Mensch und Tier arbeiteten, sind ein weiteres historisches Beispiel. Der Zirkus als Kunstform war und ist eng mit der Idee verknüpft, dass der Mensch sich über das Tier erhebt – es kontrolliert, bändigt und letztlich vorführt. Das ist einer der ursprünglichen Gedanken hinter dieser Form der Darbietung.

In der modernen Popkultur kennen viele vermutlich den Film The Greatest Showman, der lose auf der Geschichte von P.T. Barnum basiert. Er vermittelt einen Eindruck von der traditionellen Zirkuskultur, wie sie bis heute existiert, aus der sich jedoch der „Neue Zirkus“ entwickelt hat. Dieser brach mit vielen klassischen Elementen und suchte nach neuen Formen der Darstellung, Inszenierung und Aufführung.

Der Übergang zwischen dem neuen und dem zeitgenössischen Zirkus ist fließend. Im zeitgenössischen Zirkus liegt der Fokus jedoch stärker auf dem Narrativen: Es geht nicht mehr nur um die reine Zurschaustellung artistischer Disziplinen wie Handstand, Jonglage oder Luftakrobatik. Stattdessen werden die artistischen Elemente – gemeinsam mit Kostümen, Bühnenbild, Musik und manchmal sogar Text – zu Inszenierungsmitteln, mit denen Geschichten erzählt oder gesellschaftlich relevante Themen verhandelt werden.
Dadurch nähert sich der zeitgenössische Zirkus noch stärker der klassischen Theaterkultur an als der traditionelle Zirkus. Während früher einzelne Nummern in einer Revue eingebettet waren, gibt es heute auch abendfüllende Inszenierungen, die mit ihren mehrfachen Bedeutungsebenen an das Theater erinnern.“
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